Universitätsarchiv Tübingen
Übersicht über die Bestände

Allgemeines

Für die Untersuchung und Bestrafung disziplinarischer Vergehen waren Rektor und Senat zuständig, ihre Zuständigkeit wurde aber seit Beginn des 19. Jahrhunderts schrittweise eingeschränkt bzw. staatlicher Aufsicht unterworfen.

1807 wurde ein monatlicher Bericht des Rektors über Disziplinarangelegenheiten vorgeschrieben. 1811 wurde eine Disziplinarkommission gebildet, der unter Vorsitz des Rektors drei Professoren, angehörten und die der Aufsicht des Kurators unterstand. Sie sollte unbeschadet der Strafgewalt des Rektors, des Dekanskollegiums und des Senats unmittelbar die Aufsicht über Fleiß und Betragen der Studierenden führen und besaß auf diesem Gebiet auch Strafbefugnisse in minder schweren Fällen. Der Verfassungsentwurf von 1817 ließ ihre Zuständigkeiten unverändert. Sie wurde 1819 um zwei Mitglieder der Juristischen Fakultät, 1820 um den Ephorus des Ev. Seminars sowie den Vorstand des Wilhelmsstifts ergänzt und 1825 bei im übrigen unveränderter Zuständigkeit der Kontrolle des Außerordentlichen Regierungskommissars unterstellt.

Für die Behandlung schwererer Disziplinarvergehen, sowie seit 1817 für Strafsachen der nichtstudentischen Universitätsbürger überhaupt, wurde ebenfalls 1811 eine Kommission gebildet, der Rektor, Kanzler und Dekane angehörten. Der Kurator besaß ihr gegenüber ein Einspruchsrecht. Für die Ahndung schwerer Vergehen, insbesondere Duellsachen, wurde jedoch das Justizministerium zuständig. Doch verblieb dem Senat die Zuständigkeit für die Untersuchung bis zur Spruchreife.

Auch das Organische Statut 1829 behielt die Disziplinarkommission bei. Außer dem Kanzler bzw. seit 1831 dem Rektor gehörten ihr jetzt sechs ordentliche Professoren sowie der Stadt-Direktor und seit 1831 an dessen Stelle der Universitätsamtmann an.

Die Universitätsverfassung von 1912 sah gleichfalls einen Disziplinarausschuß (seit 1932: Strafausschuß) als ständigen Ausschuß (Rektor, Universitätsamtmann, drei Professoren) vor, bei dem die Disziplinargerichtsbarkeit erster Instanz mit Berufungsmöglichkeit an den Kleinen Senat lag. Soweit der Disziplinarausschuß "Wegweisung" (consilium abeundi) oder Ausschluß vom Hochschulstudium (Relegation) für angemessen hielt, lag die Entscheidung erster Instanz beim Kleinen Senat mit Berufungsmöglichkeit an das Ministerium. Seit 1919 wurden jeweils zwei Vertreter der Studierenden mit beschließender Stimmer zugezogen.

1935 schrieb eine reichseinheitliche Strafordnung einen Dreierausschuß vor, dem der Rektor, der Dozenten- und der Studentenführer angehörten.

1946 wurde anknüpfend an die früheren Bestimmungen ein dreiköpfiger, für alle Strafen zuständiger Strafausschuß und als Berufungsinstanz ein Großes Disziplinargericht mit 5 Mitgliedern gebildet. 1968 wurde das Ordnungsrecht im Hochschulgesetz neu geregelt. "Ordnungsbehörde" waren danach der Disziplinarausschuß (1973 entfallen) und der Rektor bzw. Universitätspräsident. Außerdem sah das Gesetz die Bildung einer Einleitungsbehörde vor.

Bemerkungen : Vgl. auch 117/30 (Disziplinarkommission, Allgemeines, 1810-1827).

Stand



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